«Continous Fire Polar Circle & Manscape»


Eine gemeinsame Ausstellung der Arbeiten zweier Künstler ist eher unüblich, sowohl in Fotografie, als auch in anderen Kunstrichtungen. Das kann die verschiedensten Gründe haben, aber der wichtigste dürfte wohl sein, daß es nur wenigen Künstlern vergönnt ist, einen Kollegen zu finden, mit dessen Ideen und künstlerischer Ausdrucksweise sie sich so eng verbunden fühlen, daß es gelingt, sich gegenseitig zu inspirieren oder gar eine gemeinsame harmonische Kreativität zu entwickeln. Wenn es dann tatsächlich geschieht, daß sich zwei Künstler für eine gemeinsame Ausstellung ihrer Werke entscheiden, so sind dies gern Künstler, die einander schon lange Zeit kennen und auf einen langen Dialog zurückblicken.

Nun kann man gut sagen, daß sich Lewis Baltz und Geir M. Brungot schon eine Weile kennen; sie trafen einander erstmals vor fast 10 Jahren. Dies war in einer Fischersiedlung in Kalle auf den Lofoten anläßlich eines Workshops. Lewis Baltz hielt Vorträge und Geir M. Brungot war einer der Teilnehmer.

Damals war Lewis Baltz bereits ein renomierter Fotograf, sowohl in seiner Heimat, den USA, als auch in Europa. Er hatte in den bedeutenden Galerien und Institutionen ausgestellt, war an den entscheidenden Orten etabliert und hatte diverse Buchprojekte aufzuweisen.

Geir M. Brungot war gerade aus den Reihen des Kameraklubs ausgeschert und in dem Versuch begriffen, seinen individuellen künstlerischen Ausdruck zu finden.

Ort und Zeit der Begegnung müssen wohl für beide ideal gewesen sein. Nun wäre es für zwei Fotografen, die erstmals die natürliche Schönheit und Dramatik der Fjordlandschaft der Lofoten erleben, vielleicht naheliegend gewesen, eben diesen speziellen Eindruck in ihren Bildern zu vermitteln. Was wir aber tatsächlich präsentiert bekommen, ist deren Wahrnehmung von Manipulation und Mißbrauch der Natur durch den Menschen, in dieser Ausstellung also Bilder von einem Müllverbrennungsplatz.

Was Lewis Baltz angeht, kann man dies als Fortsetzung seines bisherigen Stils betrachten, - ein kühles und distanziertes Registrieren der Umformung der Natur durch den Menschen, ohne ersichtliche Leidenschaft. Die Bilder sind messerscharf und hauptsächlich dominiert durch die mittlere Skala der Grautöne.

Die Bilder Geir M. Brungots haben einen anderen Ausgangspunkt. Man kann sie als Reaktion auf die Klisschees und die Sentimentalität in den Arbeiten des Kameraklubs betrachten, also als Reaktion auf eine Ausdrucksform, von der er sich gerade abgewandt hatte. Sie symbolisieren die Hinwendung zu einer strengeren und eher kritischen Sichtweise.

Auch Brungot registriert, auf welche Weise der Mensch in die Natur eingreift, aber hier ist die Distanz geringer, und wir erahnen eine Leidenschaft, die direkt unter der Oberfläche liegt.

Ein paar hektische Tage und Nächte lang arbeiteten diese beiden Fotografen fast Schulter an Schulter an ihren Bildern. Dennoch zeigen sie sehr deutlich, daß hier ein Motiv durch völlig verschiedene Temperamente wahrgenommen wird.

Es war eine gelungene Begegnung, was sowohl den Zeitpunkt angeht, als auch den Ort und die Persönlichkeiten. Das zeigt sich nicht zuletzt darin, daß beide Künstler mit dem entstandenem Material jeweils eigene Ausstellungen gestaltet haben.

Lewis Baltz Ausstellung ”Continous Fire Polar Circle” wurde in einigen großen Galerien und und Museen Europas gezeigt. Geir M. Brungots Ausstellung “Manscape” war an vielen Orten Norwegens zu sehen.

Um diese Ausstellung zu gestalten, hat man Bilder aus den genannten Sammlungen ausgewählt. 10 Jahre sind vergangen und der Kreis hat sich geschlossen. Wir bleiben zurück mit dem Eindruck, der hin und wieder entsteht, wenn sich zwei Künstler treffen, mögen sie auch unterschiedlichen Alters und Temperamentes sein, einen unterschiedlichen Hintergrund und künstlerischen Werdegang aufweisen.

Wir treffen hier auf eine besondere schöfperische Energie, auf Synergie, die bewirkt, daß zwei und zwei gelegentlich fünf ergibt.

Oslo, 02.02.1995
Olav Løkke